Es fliegt
die blaue Farbe. Fliegt ohne Flügel weit hinunter auf den Grund des Meeres. Noch
tiefer in die raumlose Unendlichkeit des Erdinnern. Nichts ist mehr, nur noch blau. Blaues Nichts, blaues Alles. Zeitloses Blau, dichtes
Blau, transparentes Blau. Schweigen, Sprachlosigkeit, kein Wort und
doch ist alles gesagt. Die Tiefe spricht zu sich selbst. Blau in Blau.
Musik, Wellen, Klänge, Singen. Die Sandwüste ist durchquert, das
Wasser gefunden, das Blau geschöpft in grossen Gefässen, offen und
weit. Hingabe. Geben. Nichts zurückhalten. Leidenschaft, nicht blass
und grau. Ganz Leidenschaft, durch das Feuer aufgestiegen in die Tiefe
der Himmel, getaucht in die Weite der Meere. Ich habe die Wüste
durchquert. Nicht einmal. Hunderte Male. Der Schmerz des Durstes, die
Kälte der Einsamkeit, wie ein glühendes Schwert, mitten durchs Herz.
Keine Hand zum halten, keine Wand um den Kopf einzurennen. Nur Nichts, nur Dürre. Die Augen trocken. Im Innern einen Staudammsee ungeweinter Tränen. Ich suche. Ich suche dich und dich ist nicht du, dich ist ich.
Blind, dumm und doch so weise. Stillstand. Alles da. Nichts. Sand und
Steine. Oase. Ausruhen, eine Weile. Der Durst treibt mich weiter.
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Finden müsse der Mensch, nicht
suchen. Weiss er denn, was er finden will? Suchen kann er überall, kann die Zeit
füllen, die Tage leeren. Finden ist nur ein Ort, nur eine Möglichkeit,
suchen
sind deren Tausende. Finden ist zu einfach. Der Mensch mag es vielfältig.
Einfältig Ist ihm zu banal. Der Mensch liebt Dramen, Selbstinszenierte und
Fremde. Aufregung hält
ihn auf Trab. Aufregung und Dramen hindern ihn am Finden.
Will er überhaupt finden? Würde
er finden; und insgeheim möchte das jeder
Mensch, dann würde die Welt nicht mehr dieselbe sein. Und das macht Angst.
Veränderung, um Himmelswillen, nur das nicht. Lieber das Alte, das Bekannte.
Lieber diese Schmerzen, lieber Wüste mit kleinen Oasen von Zeit zu Zeit als die
endlose Tiefe der rätselhaften See. Das Nichts und das Alles. Alles ist da
zwischen Himmel und Wasser und doch ist da Nichts. Ein Bild von einer Welt die
milliardenfach gespiegelt wird, von Milliarden von Augen. Jedes Auge sieht seine
Welt und somit gibt es nicht die Welt. Es gibt unzählige Welten. Innere Welten,
äussere Welten und keine einzige davon ist echt. Keine. Keine einzige! Blau
blüht der Enzian und die Kornblume. Warum weiss ich was blau ist? Wer hat Blau
zu Blau ernannt? Wer hat blau getauft? Nur weil der Mensch blau sagt, schreibt,
ist blau noch lange nicht blau. Blau ohne Gedanke ist keine Farbe. Blau und
Farbe, nur Worte. Vom Menschen erfundene Worte. Gefunden wo? Was heisst blau?
Was ist blau? Blau als Wort heisst blau. Blau als Wort ist keine Farbe. Blau
ohne Wort ist keine Farbe. Blau ohne Wort ist weder Himmel noch Wasser noch
Enzian. Blau weder gesprochen, geschrieben, gedacht ist. Ist einfach. Nur das
was ist. Punkt. Blau ohne Wort existiert. Alles was ist existiert, lebt, liebt,
ohne Worte. Worte töten die Existenz und machen sie zu einem Ding. Zu Dingen, zu
Unwahrheiten. Wahr ist nur was in seiner Ganzheit wahrgenommen wird. Wahr kann
nur das sein, was als was es ist gesehen wird. Ausgesprochene Worte, gedachte
Worte sind nicht mehr ursprünglich, sind nicht echt. Sind Worte für Dinge,
welche nicht benannt, sondern erkannt sein wollen. Im Schweigen, im Herzen, da
ist die Wahrheit. Der Verstand ist vernünftig, oder auch nicht. Hat tausend
Erklärungen und Analysen in Worten und sieht vor lauter Dunkelheit verschwommen.
Klarheit, Wahrheit ist nur mit dem Herzen möglich. Verstand und Augen schauen
durch eine Nebelwand. Lassen sich täuschen und hinters Licht führen. Das Wort
befindet sich hinter dem Licht. Davor das weite unbegrenzte Herz. Offen,
hingabefähig an das was ist. Was offensichtlich ist, mit offener Sicht, was der
Mensch vor lauter Offensichtlichkeit nicht sieht, weil der Verstand spricht und
deutet und wenn und aber und sollte, wollte, hätte, könnte, müsste........ Dem
Verstand ist nichts kompliziert genug. Die Sicht des Herzens mag er nicht. Viel
lieber erfindet er Geschichten, eigene Erklärungen. Selten nur kommt er auf die
Idee, sich zu misstrauen und legt sich dauernd selbst herein. Sollte er sich
doch einmal hinterfragen und die eigene Geschichte widerlegen, so bemerkt er
nicht, das jede neue Geschichte ebenfalls auf dem eigenen Mist wächst. Wenn es
ein ausserordentlich vernünftiger Verstand ist, wird er vielleicht eines Tages
feststellen, dass er dann findet, wenn er aufhört zu suchen. Und dass er dann
weiss, wenn er aufhört zu denken.
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